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St. Anton am Arlberg im Sommer

St. Anton am Arlberg im Winter

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Rodler vor der Birgitzer Alm

Vom Sommertourismus zum Zweisaisonentourismus

Abseits des Beginns in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte der Tiroler Fremdenverkehr seinen ersten Höhepunkt in der Ersten Republik; er war damals hauptsächlich auf den Sommertourismus beschränkt. So wurden etwa in den beiden "Spitzenjahren" der Zwischenkriegszeit 1929 und 1930 von den rund 3 Millionen Übernachtungen, jeweils 2,5 Mio. im Sommer getätigt und nur jeweils 0,5 Mio. in der Wintersaison. Die schweren Rückschläge vor allem während der großen Weltwirtschaftskrise und durch Einführung der 1000-Mark-Sperre durch das Deutsche Reich (29. Mai 1933) trafen somit vor allem den Sommertourismus.

Auch in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg war es vor allem der Sommertourismus, der erneut zu neuen Höhen emporsteigen sollte. Erst Anfang der 1970er Jahre stagnierte dieser und die große Zeit des Wintertourismus sollte beginnen.

Der Zweite Weltkrieg hatte dem Fremdenverkehr einen schweren Schlag versetzt. Insgesamt bedurfte es dann eines Zeitraumes von acht bis zehn Jahren, um die touristischen Spitzenwerte der Zwischenkriegszeit wieder zu erreichen. Begonnen hatte dabei alles auf äußerst bescheidenem Niveau. Genauere statistische Unterlagen gibt es erstmals für 1947. Das Landesverkehrsamt weist für dieses Jahr 147.000 Ankünfte mit 913.000 Nächtigungen aus. Erstmals kamen im April 1950 auch wieder deutsche Gäste nach Tirol. Der Innsbrucker Bürgermeister Anton Melzer und der Frankfurter Oberbürgermeister freuten sich mit den Gästen am Innsbrucker Bahnhof, "dass nunmehr die bisher als undurchdringlich scheinenden Schranken aufzugehen" schienen. Gerade die deutschen Gäste sollten sich in der Folgezeit zu einer der Säulen des Tiroler Tourismus entwickeln.

Bereits 1954 hatte die Zahl der Betten in Tirol den Vorkriegsstand um 25 Prozent überschritten, obwohl in Gesamtösterreich das Vorkriegsniveau noch nicht zur Gänze erreicht war. Ermöglicht wurde dieser Vorteil nicht zuletzt deswegen, weil der Tiroler Fremdenverkehr über 30 Prozent der für den Fremdenverkehr ausgegebenen ERP-Kredite Österreichs zugewiesen bekam. Die Marshallplan-Hilfe, die nach den Richtlinien jener Zeit im Tourismus ausdrücklich für Fremdenverkehrsinvestitionen mit hoher "Devisenrentabilität" Verwendung finden musste, floss zunächst in jene Bundesländer, deren Tourismus international geprägt war.

Generell begann ab Mitte der 1950er Jahre ein Tourismusboom, der wohl die kühnsten Träume übertraf. Bis ins Jahr 1973 stieg die Anzahl der Übernachtungen auf beinahe 31 Millionen an, nur einmal von 1966 auf 1967 kam es rezessionsbedingt zu einem Rückgang von einer halben Million Nächtigungen. Insbesondere Ende der 1950er Jahre gab es zum Teil sogar zweistellige jährliche Wachstumsraten. Insgesamt verfünffachten sich die Übernachtungszahlen zwischen 1955 und 1972. Mit ein Grund für diese enorme Zunahme war auch die Tatsache, dass in dieser Phase die Verweildauer der Gäste zunahm. Blieben die Gäste 1955 im Durchschnitt noch 4,6 Tage, so verweilten sie 1972 bereits sieben Tage.

Lange Zeit - bis Anfang der 1970er Jahre - war somit der Sommer die dominierende Tourismussaison. Ab Mitte der 1980er Jahre hat sich ein klassischer Zweisaisonentourismus herausgebildet, ja bisweilen wurde die Wintersaison sogar wichtiger. Die Stagnation des Sommertourismus ab Anfang der 1970er Jahre dürfte auch damit zusammenhängen, dass seit damals die Mittelmeerländer - neben Italien, das schon immer als Urlauberland galt - stark an touristischer Bedeutung dazu gewannen. Der Ausbau der Adriastraße, viel Sonne, das Meer und starke Preisvorteile ließen auch das damalige Jugoslawien, Griechenland etc. zu großen Kontrahenten für den heimischen Tourismus werden. Zudem begann in dieser Zeit auch der Charterflugverkehr, der es erstmals in der Geschichte erlaubte, zu erschwinglichen Preisen sehr ferne Destinationen anzufliegen.

Eine gewisse Ausnahme stellt das Zwischenhoch Anfang der 90er Jahre dar. Vor allem der Sommertourismus konnte dabei wieder zulegen. Erklärungsansätze dafür bieten die Algenpest in der Adria und vor allem die Ostöffnung. Erstmals seit Jahrzehnten konnten nun auch Menschen aus dem ehemaligen Ostblock in den Westen reisen.

In den letzten Jahren (ab 1993) kam es im Tiroler Tourismus zu zum Teil erheblichen Rückgängen bzw. zu einer Stagnation. Zwischen 1992 und 1996 betrug der Rückgang beinahe sieben Millionen Übernachtungen. Dies war ein äußerst schmerzlicher Einbruch. Ein Erklärungsansatz dafür, dass etwa auch der Wintertourismus relativ starke Einbußen zu verzeichnen hatte, könnte in den immer billiger werdenden Ferndestinationen liegen. Billige Karibikurlaube als Flucht vor der kalten Winterzeit dürften in der Tat ein neuer nicht zu unterschätzender Konkurrenztatbestand sein.

Anfang des 21. Jahrhunderts stagniert der Fremdenverkehr auf dem hohen Niveau von knapp 40 Millionen Übernachtungen pro Jahr.

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