Tirols Bevölkerungsentwicklung von 1810 bis 2050
Noch im 19. Jahrhundert setzten Hungersnöte und vor allem Seuchenwellen der Tiroler Bevölkerung (z.B. Choleraepidemien) zu und "produzierten" so genannte "Schwarze Zacken" (= mehr Gestorbene als Geborene in einem Jahr). Die letzte Schwarze Zacke bildeten die Ereignisse während und nach dem Ersten Weltkrieg. Hier ist vor allem auch die "Spanische Grippe" (Influenzaepidemie) zu erwähnen, die 1918/19 nicht nur in Tirol, sondern weltweit viele Opfer forderte. Während des Zweiten Weltkrieges mussten zwar viele Soldaten ihr Leben an der Front lassen, in Tirol selbst schrumpfte dagegen die Bevölkerung während der Kriegsjahre nicht. Durch den Zuzug vieler Flüchtlinge befanden sich am Ende des Krieges mehr Menschen im Land als vor dem Krieg. Ein Teil dieser Flüchtlinge verließ das Land zwar nach dem Kriege wieder, ein größerer Teil dürfte aber hier geblieben sein, wie überhaupt für die ganze Periode ab 1961 bis heute ein positiver Wanderungssaldo (mehr Zugezogene als Weggezogene) statistisch nachgewiesen ist. Dazu kam in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg eine jahraus jahrein positive Geburtenbilanz (mehr Geburten als Sterbefälle im Lande). In Summe - positive Wanderungsbilanz und positive Geburtenbilanz - ergab dies eine Bevölkerungszunahme in den letzten 50 Jahren, die vorher nie in der Geschichte des Landes erreicht werden konnte und somit ein Unikum darstellt.
Das wohl "produktivste" bevölkerungspolitische Jahrzehnt in der Tiroler Geschichte stellen die Jahre 1960 bis 1969 dar. Mit einem positiven Geburtensaldo von über 61.000 mehr Geborenen als Gestorbenen im Lande bildet dieses Jahrzehnt einen einsamen Rekord, der heutige Bevölkerungspolitiker nur erblassen lassen kann. Auch das "Spitzenjahr der Großfamilie" fällt in dieses Jahrzehnt. Über 1500 Kinder wurden 1964 in Tirol geboren, die nach der jeweiligen Geburtenfolge bereits das mindestens fünfte Kind einer Familie darstellten. Heute beträgt der gesamte Geburtenüberschuss nur mehr knappe 2000 Personen pro Jahr. Die Mitte der 1960er Jahre bildet diesbezüglich eine Korrektur und es beginnt sich in der Gesellschaft eine radikale (an die Wurzel gehende) Umbewertung der Familiengröße (und damit auch der Kinderzahl) durchzusetzen. International ist diese Entwicklung bekannt und wird mit dem Stichwort "Pillenknick" bezeichnet, allerdings war die in den 1950er Jahren erfundene und ab Anfang der 1960er Jahre auch praktizierte Verhütung via Pille nur ein Aspekt dieses gesellschaftlich viel tiefer gehenden Ereignisses.
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts könnte man das Problem der Bevölkerungsentwicklung (und dies gilt nicht nur für Tirol) unter der Formel "Weniger Geburten, höhere Lebenserwartung" zusammenfassen. Dies wird weitreichende Folgen für die Zukunft haben. So werden um 2030 in Tirol auf etwa vier Erwerbspersonen schon sechs Nicht-Erwerbspersonen (mehrheitlich Senioren) entfallen und bis 2050 verschärft sich diese Relation nach dem derzeitigen Stand der Dinge auf 38 zu 62 (!).
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