Sackner räumen den Weg für den Umzug frei.
Die hässlichen, besenbewaffneten Hexen
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Wild und urtümlich - die Figuren des Schemenlaufens
Der Umzug beginnt an einem Sonntag, ab ca. 9 Uhr ziehen die Masken, Wagen und Teilnehmer in Grüppchen durch Imst in die Oberstadt. Hinter der Pfarrkirche stellen sich gegen Mittag Roller und Scheller nach einer kräftigen Stärkung auf, um 12 h sollte der Umzug beginnen. Die Masken bilden auf jedem Platz, vor jedem Brunnen und vor jeder Kirche einen Kreis und laufen dort längere Zeit auf und ab, sodass sie eine Reihe in bunter Farbenpracht bilden. Der Roller hat etwa 40 Glöckchen an einem Hüftgurt und umtanzt klingelnd "seinen" Scheller in hohen Sprüngen. Der Scheller, mit bis zu 30 kg schweren Kuhglocken behängt, scheppert damit laut zu den Sprüngen des Rollers. Über die Bedeutung der beiden Masken gibt es eine Unzahl an Interpretationen - sie könnten darstellen: Frühling und Winter, Mann und Frau, Jugend und Alter, arme Sünder, falschen Schein usw.
Ihnen folgen die Laggeroller und Laggescheller. Diese bilden Pärchen alter Leute, tragen nicht klingende Holzschellen und tapsen bedächtig ihr "Tänzchen". Vielleicht sollen sie die Sprünge der Roller verspotten, vielleicht auf die Vergänglichkeit der kraftstrotzenden Jugend verweisen. Für die Akteure ist dieser Part übrigens ebenso anstrengend wie der ihrer "Vorbilder"; die stundenlange gebeugte Haltung und die steifen Bewegungen haben meist erhebliche Kreuzschmerzen zur Folge.
Malerisch sind die gräulichen Masken der in Imst gleich en gros auftretenden Besen schwingenden Hexen, deren Hexenmusik schreckliche Misstöne produziert. Ordnung in das Durcheinander und die Zuschauermengen bringen die Sackner, Spritzer und Majen. Die Sackner bearbeiten das Publikum mit einem weichen, basketballartigen Stoffsack, sie tragen meist die Imster Frauentracht (den Wifling) oder Bauernkleidung des 19. Jahrhunderts. Die Spritzer treten als elegante Mohren, als Engel und als Altfranken in barocker Bürgerkleidung auf. Mit dem kalten Wasserstrahl ihrer langen Metallspritzen, die an den vielen Brunnen Imsts ständig nachgeladen werden, produzieren sie allerdings mehr Durcheinander als sie beseitigen. Das Benetzen der Füße der Zuschauer sollte einst fruchtbarkeitsförderne Wirkung gehabt haben. Hinter dem Umstand, dass die Spritzer heutzutage aber nicht nur das Publikum am Straßenrand einwässern, sondern es sogar schaffen, den Zuschauern in den Häusern eine Ladung zu verpassen, steckt wohl mehr Übermut als die Ausläufer eines alten Gedankenguts. Die Kübelemajen sind nach ihrem Kübelchen, einem mit Puder gefüllten kleinen Eimer, benannt und stauben damit die Gesichter der Zuschauer ein. Besonders gut haftet der Puder nach einem vorherigen Schuss der Spritzer, und das Teamwork der Masken funktioniert natürlich vorzüglich.
Dem Zug folgen Bären und Treiber, Vogelhändler erinnern an die Blütezeit der Imster Kanarienvogelzucht, Kaminkehrer turnen mit Leitern wie Affen an den Hauswänden hinauf, um die Zuschauerinnen an den Fenstern anzuschwärzen (das bringt Glück), die Labera spotten über Geschehnisse in Imst, und den Abschluss bilden die großen Fasnachtswagen. Die innige Beziehung der Imster zu ihrer Fasnacht veranschaulicht auch folgender Vorfall: Als 1992 einer der Wagenaufbauten bei einer Engstelle am vorspringenden Hausdach hängen blieb, griff man flugs zur Motorsäge - und sägte das Dach ab.
Da Burschen erst ab 16 Jahren beim Schemenlaufen mitmachen dürfen, spielten die Kinder früher ihre eigene Fasnacht in Phantasiekostümen. Daraus hat sich ein geregelter Ablauf entwickelt, der seit 1950 jeweils ein oder zwei Jahre vor dem Schemenlaufen, genau nach dessen Vorbild, abgehalten wird und mit 400 Teilnehmern und 15.000 Zuschauern inzwischen beinahe ebenso ein Publikumsmagnet geworden ist wie der Auftritt der "Großen".
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