Adolf Pichler, Dichter und Geologe
Der Dramatiker Franz Kranewitter
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Adolf Pichler: Endpunkt einer Ära
Adolf Pichler wurde 1819 in Erl als Sohn eines Zollbeamten geboren und musste sich seine Ausbildung durch Hilfsarbeiten verdienen. Mit einem Stipendium ging er nach Wien, um Medizin zu studieren. 1848 schloss er das Studium ab und wurde freiwilliger Hauptmann der akademischen Schützenkompanie. Er wurde vom Kaiser mit der Eisernen Krone ausgezeichnet und nannte sich nun Edler von Rautenkar. An Innsbrucker Gymnasien lehrte er Naturgeschichte, widmete sich jedoch hauptsächlich der Dichtkunst. Schließlich wandte er sich der Geologie und Mineralogie zu und erforschte den Aufbau der Alpen. Literatur und Wissenschaft bildeten für ihn eine Einheit.
Bereits 1846 hatte er in Wien die Anthologie (= eine unter bestimmten Gesichtspunkten ausgewählte Sammlung literarischer Stücke) "Frühlieder aus Tirol" herausgegeben, in den 1860er Jahren schrieb er die Versdramen "Die Tarquinier" und "Rodrigo". Da er als Geologe die Bergwelt Tirols durchstreifte, lernte er die Landbevölkerung bei Festen und im Alltag kennen. Die Eindrücke dieser Wanderungen flossen in seine Dichtungen ein: "Allerlei Geschichten aus Tirol" (1867), "Jochrauten" (1897) und "Letzte Alpenrosen" (1898). In den Gedichtbänden "Marksteine" (1874) und "Neue Marksteine" (1890) brachte Pichler das persönliche Erlebnis in eine vollendete Form.
Adolf Pichler wetterte schon früh gegen den engstirnigen Provinzgeist, die Tatsache, dass die Jungtiroler ihren Almanach diesem Vorkämpfer widmeten, mag daher nicht verwundern. Der greise Pichler nahm die Vereinnahmung nicht ohne Freude, aber vorwiegend passiv an. Er trat nie in größerem Umfang für die Bewegung "Jungtirol" ein, ließ sich jedoch zum Ehrenmitglied diverser Vereinigungen ernennen. Zu Pichlers 80. Geburtstag organisierte die Literatur- und Kunstgesellschaft "Pan" einen imposanten Fackelzug durch Innsbruck, der Dramatiker Franz Kranewitter trug Pichlers schwarz-rot-goldene Fahne von 1848. Vor Pichlers Haus wurde sein Wirken im Geiste des Deutschtums, Fortschritts und Freisinns gefeiert. Ein Abdruck des fürstbischöflichen Hirtenbriefes wurde vor der Ursulinenkirche öffentlich verbrannt. Dieser Hirtenbrief wandte sich scharf gegen alle Tendenzen der "Los-von-Rom"-Bewegung, der die Jungtiroler angehörten. Die Provokation der öffentlichen Verbrennung wurde in der Folge von den katholischen Blättern Österreichs heftig angegriffen. Noch anlässlich der Enthüllung des Adolf-Pichler-Denkmals 1909 fanden in Innsbruck Demonstrationen des deutschnationalen Lagers statt. Pichler war so über lange Zeit Patron der Deutschnationalen, ohne diese Rolle bewusst gewählt zu haben.
Adolf Pichler war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zweifellos der bedeutendste Schriftsteller in Tirol. Er gab erste Anstöße, die Fesseln der Provinz zu sprengen und überregional gültige Maßstäbe anzuerkennen. Sein Tod im Jahr 1900 wurde schon von Zeitgenossen als Endpunkt einer Ära gewertet. Nun standen sich zwei Lager gegenüber: einerseits Alt-Tirol, konservative Publizisten und Schriftsteller, die sich für den Leitspruch "Für Gott, Kaiser und Vaterland" engagierten, andererseits Jung-Tirol, (deutsch)national orientierte Autoren, die dagegen den Aufstand probten. Die Meinungen über Pichlers Werk gingen weit auseinander. Auf der Seite der Konservativen und Klerikalen wurde Pichlers Dichtung - wohl in erster Linie aus politischen Gründen - zunächst nicht geschätzt.
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