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Heuernte in den Südtiroler Dolomiten mit dem Ochsenkarren 1938

Moderner Bauernhof in Ampass bei Innsbruck, 2001

Die radikalen Veränderungen in der Landwirtschaft

Von allen Wirtschaftszweigen hat die Landwirtschaft im Laufe der jüngeren Vergangenheit die wohl größten Veränderungen durchgemacht. War sie über Jahrhunderte einer der dominierenden Faktoren in Ökonomie und Gesellschaft gewesen, so verlor sie in den letzten Jahrzehnten langsam, aber stetig an Bedeutung. 1991 wurden nur mehr 3,9 Prozent der Wohnbevölkerung dem Wirtschaftsfaktor Land- und Forstwirtschaft zugerechnet. Mögen solche Zahlen auch die Bedeutung der Landwirtschaft herunterspielen, so ist doch unbestritten, dass sie zu den Strukturverlierern der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung zählt. War man unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg für jeden Liter Milch, jedes Kilogramm Kartoffel oder jedes Kilogramm Fleisch glücklich, das aus der heimischen Tiroler Produktion kam, so änderte sich dies nach Überwindung der Ernährungskrise recht schnell. Hieß es im Sommer 1945 noch, dass "in kaum einem anderen Jahr der Geschichte unseres Landes die eigene landwirtschaftliche Erzeugung eine so große Bedeutung wie heuer" hatte, so spricht man nicht einmal zehn Jahre später bereits von "zunehmenden Absatzsorgen". Galt nach 1945 die unumstrittene Devise von der "Ernährungssicherung des Volkes", spricht man acht Jahre später bereits von der "Sicherung der Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe". So schnell ändern sich bisweilen die Rahmenbedingungen.

Nicht mehr die Ernährung des Landes, vielmehr die Bauernbetriebe selbst wurden in den folgenden Jahrzehnten zum Problem für Politik und Ökonomie. Von 1950 bis 1995 hatten rund 7.800 bäuerliche Betriebe ihre Existenz eingestellt. Betroffen davon waren vor allem die kleinbäuerlichen Betriebe mit bis zu zehn Hektar Grundfläche. Ihr Anteil wurde von über 18.000 Betrieben im Jahr 1950 auf rund 11.000 (1995) reduziert. Es ist wohl davon auszugehen, dass dieser Schrumpfungsprozess vor allem der kleinbäuerlichen Betriebe auch in der Folgezeit noch anhalten wird. Welche sozialen und sozialpsychologischen Probleme sich bisweilen hinter solch spröden Zahlen verbergen, kann nur erahnt werden. Immerhin gilt es hier Traditionen, die meist Jahrzehnte, ja Jahrhunderte lang gegolten hatten, mit denen ganze Familiengenerationen verwurzelt waren, für immer aufzugeben.

Tirol ist ein klassisches Lebensmittelimportland (Import aus anderen Bundesländern oder aus dem Ausland). Laut einer "Ernährungsbilanz" aus dem Jahr 1983 war Tirol damals nur bei Milch und Kalbfleisch "Selbstversorger" (bzw. produzierte über den eigenen Bedarf hinaus). Bei allen anderen gängigen Lebensmitteln musste ein zum Teil erheblicher Anteil "importiert" werden, bei Brotgetreide schon damals fast 100 Prozent.

Betrachtet man die nachfolgende Tabelle, so sieht man, dass der Anteil des Getreides seit 1949 von rund 9.400 Hektar auf ca. 1.000 Hektar geschrumpft war. Dies entspricht einem Rückgang auf rund ein Neuntel bzw. Zehntel von 1949. Die Kartoffelanbaufläche schrumpfte seit den 1960er Jahren etwa auf ein Siebtel.

Tirols Landwirtschaft wird wohl - bedingt durch seine geografische Struktur und seinen hohen Anteil an Bergbauern - primär ein Produzent von Milch und Fleisch (Vieh) bleiben. Eine gewisse Nischenfunktion könnte die ökologische Landwirtschaft darstellen. Wie weit aber der Bauernstand auch als Landschaftspfleger erhalten bleiben wird, wird in Zukunft nur mehr beschränkt in Tirol selbst entschieden werden. Viel wichtiger dürften die Beschlüsse sein, die diesbezüglich in Brüssel getroffen werden.

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