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Im Krieg weitgehend zerstörtes und danach wieder aufgebautes Haus in der Innsbrucker Bürgerstraße

Rasche Rückkehr zur politischen Normalität: Tirol in der unmittelbaren Nachkriegszeit 1945

Der ökonomische Neuanfang gestaltete sich in Tirol nach 1945 besonders schwierig. Viele Menschen erlebten das Kriegsende nicht als "Befreiung". Sie standen psychisch und physisch vor den Trümmern ihres Lebens. Im Bundesland zählte man tausende total zerstörter Wohnungen. 60% des Gebäudebestandes von Innsbruck waren total oder mittelmäßig bis leicht beschädigt. Bahnhöfe waren zerbombt, wichtige Straßen und Brücken unpassierbar. Die Verkehrsverbindungen konnten erst nach und nach wieder hergestellt werden. Über 40.000 Tiroler waren von der Wehrmacht rekrutiert worden. Rund 20.000 hatten im Krieg ihr Leben gelassen. Die Tagesrationen lagen in der unmittelbaren Nachkriegszeit unter 1000 Kalorien. Die dramatisch schlechte Versorgungslage radikalisierte sich noch durch rund 150.000 Kriegsflüchtlinge aus dem Osten Europas. Die relativ günstige Jahreszeit, Hilfsaktionen aus der Schweiz und die mit Lebensmittelnachschub gut ausgestattete US-amerikanische Besatzungsmacht linderten die Hungersnot und das Versorgungschaos.

Der organisierte Widerstand bildete den Ausgangspunkt für das politische System Tirols, doch zerfiel dieser bald aufgrund innerer Querelen und Streitereien. Es gab kein über die Ablehnung des Nationalsozialismus hinaus aussagekräftiges und verbindliches Programm für die verschiedenen Gruppierungen. Im Zuge des Mai 1945 gelang die Rückkehr zur politischen Normalität relativ rasch, wenngleich von einer Rückkehr ("Rückbruch") zum politischen System der Ersten Republik nicht gesprochen werden kann. Aus dem von Christlichsozialen, Sozialisten und Kommunisten gebildeten "Exekutiv- und Ordnungsausschuss" der "Österreichischen Widerstandsbewegung in Tirol" ging die Provisorische Landesregierung hervor. Als vorläufiger Landeshauptmann wurde der Vorsitzende des Exekutivausschusses Karl Gruber von den US-Militärbehörden akzeptiert. Der Ausgang der ersten Landtagswahl vom 25. November 1945 mit einer Zweidrittel-Mehrheit der Volkspartei unterstrich die Kontinuität des Wahlverhaltens mit Blick auf den letzten Urnengang in der Ersten Republik im Jahre 1929. "Ständestaat" und Nationalsozialismus gehörten aber bald der Vergangenheit an. Der organisierte Widerstand verschwand als politische Kraft schnell von der Bildfläche.

Tirols Politiker gingen rasch zur Tagesordnung über. Die NSDAP und ihre Gliederungen wurden umgehend verboten, hohe NS-Funktionäre verhaftet und mit einer mehr oder weniger konsequenten Entnazifizierung des öffentlichen Lebens begonnen. Mit über 45.000 registrierten NSDAP-Mitgliedern (10,8% der Bevölkerung) war ihr Anteil am höchsten von allen anderen Bundesländern. Gauleiter Hofer konnte untertauchen und sich seiner politischen Verantwortung entziehen.

Im Juli 1945 zogen die US-Truppen aus Tirol ab, denen die weniger gebefreudigen und daher auch weniger beliebten Franzosen nachfolgten. General Marie-Emile Béthouart als Hochkommissar in Österreich und der zivile Generalgouverneur Pierre Voizard erwiesen sich aber als Freunde Tirols und Förderer des Wiederaufbaus des Landes. Bis 1955 blieben ihre Einheiten im Lande, die aber bereits seit Beginn der 1950er Jahre auf symbolische Truppenbestände reduziert waren.

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